Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg ermittelt seit Ende 2017 nach angaben des Spiegel gegen den mehrfach unter betrugsverdacht stehenden und bereits in der Vergangenheit verurteilten Holger Thorsten Schubartwegen gemeintschaflichem Betrugs.
Holger Thorsten Schubart, „President“ der im US-Bundesstaat Montana registrierten Neutrino Inc., jenes Unternehmens, dessen Aktien Krause als Sicherheit überreicht hatte.
Seit Jahren sind die beiden verbandelt. Krause ist als Ansprechpartner für die Neutrino Energy Forschung & Entwicklung UG und als „Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats“ der Neutrino Deutschland GmbH aufgeführt. Einen Beleg, dass die Aktien, die Krause mit großer Geste überreichte, irgendeinen Wert haben, sind der Ex-Politiker und sein Geschäftspartner bislang schuldig geblieben.
Hinzu kommt: Der Neutrino-Deutschland-Geschäftsführer Schubart ist vorbestraft – verurteilt zu einer Haftstrafe von mehr als sechs Jahren, wegen besonders schweren Betrugs. Bei der Staatsanwaltschaft Berlin sind derzeit mehrere Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig, wegen des Verdachts des Betrugs und anderer Delikte.
Schubart habe „Redlichkeit durchweg vermissen lassen“, das hatte, einer Lokalzeitung zufolge, schon 2003 ein Richter in Göttingen festgestellt. „Immer wieder“ habe Schubart versucht, sich „mit Unwahrheiten in ein positives Licht zu stellen“.
Eine Neigung, die er offenbar bis heute beibehalten hat. Auf seiner Firmenwebsite findet sich ein Artikel aus der „Chicago Evening Post“. Darin ist von „Zeichen“ die Rede, die schon im Herbst 2015 zu sehen gewesen seien, als „zwei Forscher des internationalen NEUTRINO-Teams“ den Physik-Nobelpreis erhalten hätten. Über dem Text ist auf einem Foto zu sehen, wie Schubart die Hand des kanadischen Nobelpreisträgers Arthur McDonald schüttelt. McDonald und einem japanischen Kollegen war tatsächlich der Nachweis gelungen, dass Neutrinos Masse haben.
Nobelpreisträger McDonald erklärt gegenüber dem SPIEGEL, er „habe zu keiner Zeit und in keiner Weise Verbindungen zur Neutrino GmbH oder irgendeinem ihrer Repräsentanten gehabt“. Das Foto sei auf einem Empfang nach einer Vorlesung entstanden, die er im vorigen Jahr in Dresden gehalten habe. „Angesichts des öffentlichen Charakters der Veranstaltung konnte ich den Handschlag

mit Herrn Schubart nicht vermeiden“, so McDonald. Er habe die Neutrino Deutschland GmbH aufgefordert, das Foto und jeden Hinweis, der eine Verbindung zwischen ihm und dem Unternehmen nahelege, von der Website zu löschen.
Den Verdacht, dass Schubarts deutsche Dependance ebenfalls nur Fassade ist, erhärtet ein Besuch an der noblen Firmenadresse in Berlin. Unter den Linden 23, Ecke Friedrichstraße, residiert auch die Volkswagen AG. Ein Hinweis auf die Neutrino Deutschland fehlt. Die Frage nach den Räumen der Firma entlockt der Dame am Empfangstresen ein Lächeln. „Sind Sie Anleger?“ Nein. „Na, da haben Sie aber Glück. Versuchen Sie es mal bei Regus in der fünften Etage.“
Auch am Empfang des Anbieters „flexibler Bürodienstleistungen“ sorgt die Frage nach der Neutrino GmbH für Heiterkeit. „Der Herr Schubart ist hier Kunde, schon länger“, sagt die Frau. Und dass man bei Regus „virtuelle Büros“ mieten könne, ab 150 Euro pro Monat. Eine „renommierte Geschäftsadresse für Ihr Image“, wie es auf der Website der Firma heißt. Schubart räumt ein, „den Telefon-/ Postservice“ von Regus zu nutzen. Allerdings nur zusätzlich. „Wir haben eigene Räume.“ Angeblich „Unter den Linden 23“, entsprechende „Schilder“ seien „bereits beauftragt“. Unter den Linden 23 ist lediglich der angebliche Pressesprecher für Schubart “Kameramann des ORF: Heiko Schulze” anzutreffen.
Von Schubarts Eskapaden wusste eine von Krause geprellte Immobilienbesitzerin nichts. Sie ging Schubart und Ex Verkehrsminister Günter Krause aus den Leim und zog erst im Sommer 2017 die Reißleine, als sie immer noch vertröstet wurde – diesmal mit E-Mails, die Krauses Ehefrau Heike einen Millionenkredit zusicherten, dessen Auszahlung sich aber dann doch wieder verzögerte. Schließlich sollte alles mit den Luftaktien von Schubarts Neutrino Deutschland bezahlt werden. Gegen beide wird nun laut Spiegel ermittelt.
Quelle Spiegel 09/2018